Walter Kolb – 1. Frei gewählter OB nach dem Krieg in Frankfurt

 

Walter Kolb war vermutlich der von den Bürgern  am meisten geliebte Oberbürgermeister der Stadt Frankfurt, nach dem Zweiten Weltkrieg. Kolb wurde 1902 in Bonn geboren und verstarb während seiner zweiten Amtszeit 1954 in Frankfurt.

Bevor er nach Frankfurt kam war er 1932 als Landrat des Landkreises Herrschaft Schmalkalden tätig,  und damit im Alter von 30 Jahren der jüngste Landrat im Freistaat Preußen. Wegen seiner Kritik am Nationalsozialismus wurde er 1933 in den Ruhestand versetzt, offiziell begründet mit Einsparmaßnahmen. Er gründete eine Anwaltskanzlei in Köln wo er rassisch und politisch verfolgte betreute und dafür mehrfach Haftstrafen erhielt. 1941 wurde Kolb zur Wehrmacht eingezogen. Im selbe Jahr wurde Kolb mit dem Attentat auf Hitler in Verbindung gebracht und verhaftet, obwohl es keine Verbindung zwischen ihm und den Attentätern gab. 1945 gelang es ihm aus einem Gefangenentransport zu fliehen und bis zum Kriegsende unterzutauchen.

Am 25. Jul1 1946 wurde er als erster nach dem Krieg frei gewählte Oberbürgermeister von Frankfurt am Main gewählt.

Alfred Grosser traf Kolb 1947 in Frankfurt und sagte: “Er war ehemaliger Buchenwald-Häftling. Ich hatte mich nicht mit ihr zu versöhnen, Wir hatten eine gemeinsame Verantwortung für die deutsche Zukunft”.

Zu Kolbs wichtigsten Aufgaben zählte der Wiederaufbau der vom Krieg zerstörten Stadt und damit das Schaffen von Wohnraum. Unter anderem war er Initiator der Wiederherstellung der Frankfurter Altstadt mit Römer, Kaiserdom St. Batholomäus und originalgetreuer  Rekonstruktion des Goethehauses. Er beteiligte sich selbst mit einem Presslufthammer am Römerberg an den Aufräumarbeiten. Auch die Wiederbelebung der Messe und der Aus bau des Frankfurter Flughafens zählten zu seinen Arbeitsschwerpunkten. Seit 1946 hatte sich Kolb bei der US – amerikanischen Militärregierung für die Freigabe der heutigen Commerzbank Arena, damals noch VICTORY PARK genannt. Erst am 1. Jul1 1950 war es soweit und er konnte das Stadion und das Stadionbad wieder der Bevölkerung übergeben. Zwischen 1953 und 1955 ließ er das Waldstadion zur zweitgrößten deutschen Sportarena für 87.000 Zuschauer ausbauen. Er sorgte ebenfalls dafür, dass sich der Deutsche Fußballbund und andere Sportverbände in Frankfurt ansiedelten. Er initiierte den Aufbau des Stadtarchives und trieb den Aufbau der Paulskirche in ganz Deutschland voran. Diese wurde pünktlich zur Jahrhundertfeier der Nationalversammlung am 18. Mai 1948 vollendet.

Walter Kolb hatte noch viele andere Vorstellung wie zum Bespiel die Ernennung von Frankfurt zu Bundeshauptstadt.

Die Frankfurter  Bürger hatten in dieser schweren Zeit allerdings ganz andere Sorgen, sie wünschten sich ein Dach über dem Kopf und genügend Essen.

Am 24. Dezember 1948 hielt Walter Kolb als Oberbürgermeister von Frankfurt am Main die folgende Weihnachtsansprache, die so wie sie ist auch in die heutige Zeit passen würde. Was die damaligen Frankfurter Altbürger beschäftigte ist auch heute noch ein großes Problem für Rentner und junge Bürger die bezahlbaren Wohnraum suchen, für Asylsuchende und Flüchtlinge dieser Welt. Frankfurt ist wieder einmal ein Schmelztiegel vieler Nationalitäten und versucht dieser Aufgabe mit all seiner großartigen Geschichte und Erfahrung über 1200 Jahren gerecht zu werden.

Gedenktafel für Walter Kolb an der Paulskirche anlässlich seines 100. Geburtstages am 22.1.2002

Gedenktafel für Walter Kolb an der Paulskirche anlässlich seines 100. Geburtstages am 22.1.2002

Ein klein wenig Freude

Weihnachtsansprache von OB Walter Kolb vom 24. Dezember 1948

Zum ersten Male nach dem Kriege können wir eine Weihnachtsfest feiern, das doch wieder den Glauben an Frieden, Liebe, Frohsinn und bessere Zeiten in uns stark macht. Wir haben an diesem 4. Weihnachtsfest nach dem Kriege zum ersten Male wieder die Möglichkeit gehabt, unseren Lieben eine kleine Gabe auf den Weihnachtstisch zu legen. Wenn wir uns in unserer Stadt umblicken, dann sehen wir zahlreiche wiederaufgebaute Häuser, viele Läden, in denen wieder etwas zu kaufen ist. Ein klein wenig Freude kann sich heute jeder, der Geld verdient, leisten und dem anderen auch bereiten.

Die Frankfurter Bürgerschaft hat sich von jeher durch ihr gutes Herz ausgezeichnet. Ich bin sicher, dass jeder Frankfurter auch an jene dachte, die die Not noch nicht verlassen hat. Meine Weihnachtlichen Grüße gelten insbesondere jenen Alten und Kranken, denen die Währungsreform den letzten Spargroschen genommen hat, den Flüchtlingen, die noch heute keine wahre neue Heimat gefunden haben, den Frauen und Kindern, denen der Krieg den Ernährer genommen hat, und vor allem den Kameraden draußen in fremden Ländern, die noch immer in Kriegsgefangenschaft ein bitteres Leben ertragen müssen.

Magistrat und Stadtverordnete werden auch im neuen Jahr ihre ganze Kraft einsetzen, dass der Kreis jener, die sich an diesem Weihnachtsfest noch in Not befinden, bis zum nächsten Weihnachtsfest erheblich kleiner geworden ist und dass viele von Ihnen dann ebenso frohen Herzens die alten Weihnachtslieder singen können wie in diesem Jahr die meisten von uns.

Wenn wir am Heiligen Abend den zweitausendjährigen Engelsgesang hören: “Friede auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen”, dann wollen wir uns vornehmen unsere Sehnsucht nach liebe und Frieden in der Tat zu verwirklichen. Wenn jeder den ernsthaften Willen hierzu besitzt und sich nicht durch schlechte Beispiele entmutigen lässt, dann müssen wieder Ehrlichkeit, Treue und Nächstenliebe unser Zusammenleben erleichtern und das Leben lebenswert machen.

Weihnachtsbotschaft der Liebe und Freude – Nehmt sie mit in den Alltag. Wir brauchen Sie!

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